Stadt Neuwied - Geschichte und Gegenwart
Station 09 - Fürsten Schloß, Aufgang Deich | Schloßstraße, Aufgang Deich
Der Bau des Hochwasserschutzdeichs in der Stadt Neuwied
Langendorf war nach alten Aufzeichnungen ein Weiler, der aus mindestens einem Dutzend Hauser bestand, die sich auf dem hochwasserfreien Landrücken entlang der heutigen Kirchstraße als Straßendorf entwickelten. Es bestand größtenteils aus herrschaftlichen Besitzungen der Abteien Rommersdorf und Sayn und der Grafen zu Wied.
1117 stiftet der Isenburger Reginbold auf seinem Besitz das heute im Stadtbereich von Neuwied liegende Kloster Rommersdorf. Im Jahr 1162 bestätigt Papst Victor IV. dem Kloster Güter in Langendorf.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg kauft Graf Friedrich III zu Wied das Herrengut Langendorf und errichtet hier den Vorläufer des heutigen Schlosses Neuwied.
1649 wird in dem kleinen Ort ein erstes Wohnhaus für einen gräflischen Beamten erbaut. In dieser Zeit entsteht vermutlich auch der Name Neuwied als Ortsbezeichnung. Der alten Name Langendorf wird hierdurch ersetzt. Bereits 1650 wird Neuwied als Ortsbezeichnung in Dokumenten des Erzbischofs zu Köln genannt. Hierin wird den Grafen zu Wied ein zollfreies Handelsschiff gegen ein Entgelt zugesichert. Der hierbei erwirtschaftete Gewinn soll dem Wiederaufbau der im Dreißigjährigen Krieg stark in Mitleidenschaft genommenen Grafschaft Wied dienen.
Der 26. August 1653 gilt als Gründungsdatum der Stadt Neuwied. Die Urkunde von Kaiser Ferdinand III bezeugt jedoch nur die Übertragung der Stadtrechte auf die beim teilweise zerstörten Langendorf bereits begonnene gräfliche Neuansiedlung Neuwied.
Mit der Gründung eines freien Handelsplatzes am Rhein, der bedeutendsten Wirtschaftsader Europas, verfolgte Graf Friedrich zu Wied das Interesse, der Grafschaft und der Bevölkerung zu neuem Wohlstand zu verhelfen. Die besonderen Stadt- und Bürgerrechte untermauern dies.
Die Lage war topografisch ungünstig auf einem ständig vom Hochwasser bedrohten Uferstreifen, getrennt vom Hinterland durch eine Senke, einen ehemaligen Rheinarm. Dessen ungeachtet wurde die unmittelbare Lage am Schifffahrtsweg Rhein bevorzugt.
Zur damaligen Zeit besaß Neuwied vermutlich eine militärische Befestigung. In Protesten der Abtei Sayn und der Abtei Rommersdorf, die beide Besitz in Langendorf hatten, wird vom Bau von Wehranlagen berichtet. Diese bezogen sich jedoch nur auf den Schutz des Grafensitzes "Hauß zu Langendorff" ("Haus Langenwied") und schlossen die Stadt nicht mit ein.
1694 wurden diese durch einen Raubüberfall französischer Truppen Ludwigs XIV. im Réunionskrieg geschleift.
Im Jahr 2005 wurde bei Bauarbeiten ein besonders gut erhaltener Brunnen vom 7,50 Metern Tiefe im Bereich der Siedlung Langendorf freigelegt. Auf alten Kupferstichen von Langendorf war ein solcher eingezeichnet. Auch wenn die archäologischen Befunde kein abschließendes Ergebnis zuließen, wird dieser Fund als früher Siedlungsnachweis von Langendorf angesehen.
Die älteste Ansicht von Neuwied 1687
Diese älteste Zeichnung der Stadt Neuwied stammt aus den Akten der Abtei Rommersdorf. Unter dem eingetragenen Namen "Neuwied" erkennt man eine kleine, burgartige Festung mit einer Geschützbastion. Die angrenzende Stadt selbst weist noch keinen schachbrettartigen Straßengrundriss auf. Ein Weg, der später zur heutigen Kirchstraße wird, führt zu der 1671 - 1684 erbauten reformierten Stadtkirche. Am linken Bildrand findet sich der Fluss Wied mit Heddesdorf, zu dem der "Hofweg", die heutige Heddesdorfer Straße, führt. An der Stelle, wo sich heute das Metropol-Kino befindet, stand der "Hof Langendorf", der nach 1850 beim Ausbau der Hermannstraße verschwand.
Noch heute finden sich in der Stadt Neuwied Spuren der frühen Siedlungen - ein historischer Brunnenschacht in der Engerser Straße.
Die Reichsfürstenstadt mit Bürgerrechten
Nach der Stadtgründung 1653 wuchs allmählich die Stadt Neuwied. 1662 verlieh ihr Graf Friedrich III. zu Wied ein Stadtrechtsprivileg mit vielen für die damalige Zeit besonderen Bürgerrechten:
- Religionsfreiheit auch denjenigen Einwohnern, die nicht der Landeskonfession angehörten
- Persönliche Freiheit und Dienstfreiheit
- Übertrug der Stadt, repräsentiert durch einen Magistrat, die niedere Gerichtsbarkeit
- Überließ der Stadt die Hälfte der "Akzise", einer Verbrauchssteuer auf Wein und Bier, und die Hälfte der Geldstrafen
1680 erweiterte ein Privileg für die Mennoniten die Religionsfreiheit auf diese Konfession, die auch nach dem Westfälischen Frieden 1648 am Ende des Dreißigjährigen Kriegs reichsrechtlich nicht anerkannt war. Graf Friedrich sicherte ihr trotzdem seinen Schutz selbst dann zu, falls reichsrechtlich gegen sie vorgegangen werde. Er selbst gehörte nämlich einer bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges rechtlich nicht abgesicherten Konfession an.
Bürgerrechte und Religionsfreiheit machen Neuwied im 17. und 18. Jahrhundert zur Besonderheit unter den deutschen Städten.
Neben der verkehrsgünstigen Lage am Rhein und neben günstigen Ansiedlungsmöglichkeiten wie zehnjähriger Grundsteuerfreiheit, verschaffte diese Ausnahmestellung religiöser Toleranz der jungen Stadt ein stetiges Wachstum durch zuziehende Kaufleute und Handwerker aller Art.
Im 18. Jahrhundert lebten sieben verschiedene Religionsgemeinschaften in Neuwied: Calvinisten, Lutheraner, Katholiken, Juden, Mennoniten, Inspirierte und Herrnhuter.
Die an anderen Orten verfolgten Zuwanderer brachten neue Gewerbezweige und Fertigkeiten nach Neuwied und führten zur wirtschaftlichen Blüte der Stadt. Die Möbel aus der Manufaktur der Herrnhuter Abraham und David Roentgen oder die kunstvollen Uhren von Peter Kinzing waren an den Fürstenhöfen in ganz Europa gefragt. Die neben Petersburg bedeutendste europäische Sammlung von Roentgen-Möbeln steht im Neuwieder Roentgen-Museum.
Das Ende der Stadt als wiedische Residenz kam mit den französischen Revolutionskriegen. In der Schlacht von Neuwied, die auf dem Arc de Triomphe in Paris vermerkt ist, errangen 1797 französische Revolutionstruppen gegen die österreichische Armee den ersten größeren Sieg in den Koalitionskriegen. Stadt und Grafschaft fielen 1806 an Nassau und 1815 an Preußen.
Bis 1848 war Neuwied Sitz einer standesherrlich fürstlich wiedischen Bezirksregierung unter Aufsicht des Oberpräsidenten in Koblenz. Weil die Kosten der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit aber deren Einnahmen überstiegen, bemühte Fürst Hermann zu Wied sich seit 1846 um Rückgabe der Regierungsrechte an den Staat Preußen. Dies gelang erst 1848.
Ansicht von Neuwied 1784
Die Zeichnung zeigt die Stadt Neuwied mit einem schachbrettförmigen Grundriss. Dieser lässt sich heute noch im Stadtplan erkennen. Im rechten Bildteil befindet sich unmittelbar am Rhein das heutige Schloss Neuwied. Am Rheinufer erkennt man Hafenanlagen und einen regen Schiffsverkehr für die Handelsstadt Neuwied.
Das Rheinufer beim Hochwasser 1926 (noch ohne Deichmauer)
Die Stadt Neuwied wurde von Beginn an von schweren Hochwassern heimgesucht. Die Lage als Handelsplatz direkt am Rheinufer brachte viele wirtschaftliche Vorteile. Die Hochwasser machten jedoch viele der gewonnenen Errungenschaften wieder zunichte. Erst mit dem Bau der Hochwasserschutzanlage kann den Naturgewalten Einhalt geboten werden.
Die Stadt Neuwied in der Gegenwart
Die "neue größere Stadt", entstanden mit der Gebietsreform 1970, hat sich zu einem modernen Wirtschaftsstandort mittelständischer Prägung entwickelt. Dies war jedoch nur durch den Bau des Deiches 1928 bis 1932 möglich. Das Deichmuseum auf der Deichmauer zeigt die beeindruckenden Verbesserungen durch den Bau des Hochwasserschutzsystems für die Stadt Neuwied. Der damalige Bürgermeister Robert Krups darf daher als dritter Stadtgründer bezeichnet werden.
Als ein herausragendes Merkmal von Neuwied gilt das beispielhaft enge Netz an sozialen Einrichtungen und Organisationen, darunter eine große Zahl an Schulen und Weiterbildungsmöglichkeiten für Menschen mit Beeinträchtigungen.
Das rege kulturelle Leben spielt sich oft vor historisch bedeutsamer Kulisse ab, etwa im Schloss Engers, der Villa Musica, oder in der ehemaligen Abtei Rommersdorf in Heimbach-Weis, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählt.
Das Rheinufer mit Schlosspark, das Wiedtal und Aubachtal, Wanderwege wie der Rheinsteig, das Allwetterbad Deichwelle, der Wasserpark, die Eishalle, der Golfplatz und natürlich der Zoo Neuwied laden Erholungssuchende ein.
Die Stadt Neuwied in Zahlen
Die Fläche Neuwieds, am rechten Rheinufer zwischen Westerwald und Eifel gelegen, beträgt 86,5 Quadratkilometer. Etwa ein Drittel davon ist Wald, ein weiteres Drittel wird landwirtschaftlich genutzt. Von Nord bis Süd misst das Stadtgebiet in seiner längsten Ausdehnung 10 km, von West nach Ost rund 12 km.
Die Einwohnerzahl der Stadt Neuwied bewegt sich um 65.000.
Die höchste Erhebung ist der Nordrand in Hüllenberg mit 340 m, der niedrigste Punkt liegt im Rheintal mit 60 m. Etwa ein Drittel der Einwohner lebt in der Innenstadt (11.319) und Heddesdorf (11.204). Der größte Stadtteil ist Heimbach-Weis mit 7.236, der kleinste Altwied mit 657 Einwohnern. Von den Einwohnern ist die Mehrheit weiblichen Geschlechtes.
Rund 40 Prozent der Bürger sind römisch-katholisch, rund 30 Prozent evangelisch. Etwa ein Viertel der Bevölkerung gehört einer der in Neuwied sehr zahlreichen verschiedenen Religionsgemeinschaften an. Zirka 8,5 Prozent sind ausländische Staatsangehörige.
Die Raiffeisenbrücke und der Pegelturm sind Wahrzeichen der Stadt Neuwied. Im Vordergrund das Denkmal für Robert Krups.
Leben in der Stadt Neuwied
Eine der zahlreichen Veranstaltungen auf dem Luisenplatz
Weitere Informationen zum Deichbau
Deichinformationszentrum Neuwied des
Fördervereins Neuwieder Deich e.V.
Tel.: 0 26 31 / 802 55 55
Fax: 0 26 31 / 802 55 56
tourist-information@neuwied.de
www.deichinfo.de
Weitere Informationen zur Stadtgeschichte
Roentgen-Museum Neuwied
Raiffeisenplatz 1a
56564 Neuwied
Tel.: 0 26 31 / 80 33 79
www.roentgen-museum-neuwied.de
Weitere Informationen zur Stadt Neuwied
Touristinformation
Pavillion Luisenplatz
Markstraße 63
56564 Neuwied
Tel.: 0 26 31 / 802 55 55
tourist-information@neuwied.de
www.neuwied.de
Quellennachweis:
Verwendete Literatur:
Meinhardt, A. (1953): 300 Jahre Neuwied 1653-1953, Neuwied
Meinhardt, A. (1995): Neuwied Einst und Heute, Neuwied
Arbeitskreis Engers [Hrsg.] (2007): Engers; Der Ort und seine Geschichte, Engers
Mit Unterstützung des Fürstlich-Wiedischen Archivs